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Seit sage und schreibe 55 Jahren ist das Interton Trio Garant für gute Laune. Aber nicht nur das: Die band tritt seither in der Besetzung Hans Lenk, Helmut Sauer und Karlheinz Kastner (von links) auf. Bei besonderen Anlässen wird aus dem Trio auch mal ein Quartett, dann mischt Sauers Sohn Peter (rechts) mit. Ob die für 10. Oktober geplante Jubiläums-Gala im Bürgerhaus stattfinden kann, ist fraglich.
Die Zigarre war sein Markenzeichen: 2009 unterhielten die Dreieicher Musiker die Gäste einer Firmenparty von Sinalco. Zu den Gästen im Schlosshotel Rheinfels in St. Goar zählte Rudi Assauer (Zweiter von links). Der Fußballmanager erlag zehn Jahre später den Folgen einer Alzheimer-Erkrankung. © privat
So hatten sich die drei alten Haudegen ihr Schnapszahl-Jubiläum nicht vorgestellt: Seit 55 Jahren spielt das Interton Trio in unveränderter Besetzung und kann damit für sich reklamieren, die älteste Band Deutschlands zu sein.
Dreieich – Und natürlich wollten Helmut Sauer (Gitarre), Hans Lenk (Akkordeon) und Karlheinz Kastner (Bass) aus diesem Anlass voll durchstarten und viele Menschen mit ihrer handgemachten Musik erfreuen. Doch das Coronavirus hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.
„Das erste Mal in meinem Leben habe ich mehr Zeit, als mir lieb ist. Bis Ende August sind alle Termine abgesagt worden“, schildert Bandleader Helmut Sauer die Situation. Dabei tritt das Trio heute eher selten bei Großveranstaltungen auf, sondern ist zum Beispiel bei Geburtstagen als Überraschungsgast gefragt. Aber die Kontaktbeschränkungen lassen keine Auftritte zu. Der Termin für die Jubiläums-Gala mit zahlreichen befreundeten Künstlern am 10. Oktober im Sprendlinger Bürgerhaus unter dem Motto „So schön war die Zeit“ steht noch, aber es ist fraglich, ob das Konzert stattfinden kann.
Die nahe Zukunft ist ungewiss, an der Vergangenheit hingegen ist nicht zu rütteln. Die Ursprünge des Interton Trios führen zurück in die 50er Jahre. In der Grundschule wurde eine Musiklehrerin auf mehrere talentierte Jungs aufmerksam und bat diese zum Vorspielen. Im Jahr 1959 fand sich ein wilder Haufen zusammen. „Einige gingen gleich wieder, andere warfen das Handtuch, andere üben noch heute“, erinnert sich Sauer grinsend. 1961 zeichneten sich Konturen einer Tanzkapelle ab. „Zum Unmut der Nachbarn wurde tagein, tagaus geübt. Und da eine gute Ausbildung zum Handwerkszeug eines Musikers gehört, sind wir weiterhin brav zur Musikschule marschiert. Allerdings hatten die Musiklehrer schwache Nerven. Anstatt der gewünschten Partituren wurden Schlager geübt.“ Die Folge: Man trennte sich in „gegenseitigem Einvernehmen“.
Die zu dieser Zeit populär werdenden Musikfilme, insbesondere die mit Freddy Quinn, zogen Helmut Sauer und Hans Lenk in den Bann. „So müssen wir unsere Musik machen“, war man sich einig. Es folgten viele Proben mit verschiedenen Musikern und wechselnden Bandnamen, zum Beispiel „Mexikanos“ oder „Starfighters“. Als sich Sauer und Lenk 1963 bei der Schulentlassung musikalisch verabschiedeten, flossen bei einigen Mitschülern Tränen. „Wir hoffen bis heute aus Rührung, nicht weil wir so schlecht gespielt haben“, so Sauer lachend.
Karlheinz Kastner war den beiden zwar schon bekannt, doch erst zum Ende der Schulzeit wurde bei einer Party die Idee geboren, es gemeinsam zu versuchen. Als die Drei 1965 auf der Suche nach einem Namen waren, „kam ein Anruf, mit dem niemand rechnen konnte“, erzählt Sauer. Eine Agentur, die auch mit Hazy Osterwald arbeitete, war auf der Suche nach einem Trio, nachdem sich die Schweizer Profiband Interton Trio aufgelöst hatte. Die jungen Dreieicher, die gerade am Anfang ihrer Ausbildung waren, sprangen nach kurzer Bedenkzeit ein, übernahmen den Namen und die Verträge.
Fesch sahen sie aus, die drei Musiker in ihren blauen Anzügen. Das Bild von Hans Lenk, Helmut Sauer und Karlheinz Kastner (von links) entstand im Gründungsjahr 1965. © privat
Die Band war damit ganz dick im Geschäft. Die Zahl der Auftritte nahm stetig zu, das Niveau der Lokale stieg, die Gagen auch. Das Trio lernte Größen der Branche wie Hazy Osterwald und James Last kennen. „Wir haben jeden Abend gespielt und sind in ganz Deutschland aufgetreten“, berichtet Sauer. Es war die Zeit der Tanzlokale, die gerammelt voll waren. Auch in der Region. Tennis-Bar in Bad Homburg, Frankfurter Haus in Neu-Isenburg, Automaten-Jost in Offenthal, das Waitz in Mühlheim – das Interton Trio konnte sich vor Nachfragen kaum retten.
Und dann stand die Band am Scheideweg. Es kamen Angebote, voll auf die Musik zu setzen. Eigentlich verlockend, doch alle übten tagsüber einen „anständigen“ Beruf aus. Als sich Hans Lenk nach etlichen schlaflosen Nächten nicht dazu durchringen konnte, seinen Beamtenstatus an den Nagel zu hängen, verzichtete das Trio auf die Profikarriere – „sonst wäre die erfolgreiche Kapelle auseinandergefallen“, so Sauer.
So blieben die Drei „Hobbymusiker“, obwohl sie faktisch Profis sind. Heute spielen sie meist bei Hochzeiten, Geburtstagen oder anderen Privatfeiern, aber auch auf der Sprendlinger Kerb. Bei größeren Auftritten verstärkt oft Sauers Sohn Peter das Trio. Er ist Multi-Instrumentalist und kümmert sich um die Technik. Wobei das Markenzeichen der Dreieicher handgemachte Musik ist, ohne Verstärker und Strom. „Es gibt sicher bessere Musiker, aber wir haben das Gefühl für das, was die Leute hören möchten“, sagt Sauer. Ein festes Programm haben sie selten, gerne spielen sie auf Zuruf. Das Repertoire reicht von Evergreens der 50er bis zu Titeln der 90er Jahre.
Ständchen für eine Legende: Im Jahr 2000 spielte das Trio im Vereinslokal auf dem Betzenberg zum 80. Geburtstag des inzwischen verstorbenen 54er WM-Helden Fritz Walter auf. © privat
Das Trio spielt auch gerne für soziale Zwecke, zum Beispiel für die Speisekammer in Neu-Isenburg: Bei sechs Konzerten erzielte die Band einen Erlös von 71. 000 Euro.
Und wie fällt das Fazit nach fünfeinhalb Jahrzehnten aus? „Ich würde alles noch mal so machen“, sagt Helmut Sauer. Und mit Blick nach vorne: „Wir haben nicht vor aufzuhören.“ Könnte also gut sein, dass in fünf Jahren der 60. gefeiert wird.
VON FRANK MAHN
Offenbach Post 04. Mai 2020 - Angemerkt von Frank Mahn
Sie sind so unverwüstlich wie meine erklärte Lieblingsband. Seit 55 Jahren sind Karlheinz Kastner, Hans Lenk und Helmut Sauer Garanten für gute Laune. Zum 50. Geburtstag des Interton Trios schrieb ich, dass sie der (in meinen Augen) größten Rockband aller Zeiten dicht auf den Fersen sind. Drei Jahre bevor sich in Sprendlingen drei junge Burschen voll und ganz der Tanz- und Unterhaltungsmusik hingaben, gaben die Rolling Stones in London ihr erstes Konzert. Fünf Jahre später haben sich weder die einen noch anderen in den Ruhestand verabschiedet. Es sieht momentan nicht danach aus, als könnte das Interton Trio Mick Jagger & Co. an Bandjahren überflügeln. Eins haben die Dreieicher den Engländern aber definitiv voraus: Sie spielen nach wie vor in unveränderter Besetzung, sieht man von den Auftritten ab, bei denen Peter Sauer aus dem Trio ein Quartett macht. 55 Jahre in derselben Formation – so alt werden viele Ehen nicht. Und während die Stones in ihrer wilden Zeit Drogen bis zum Umfallen konsumierten und Hotelzimmer auf den Kopf stellten, blieben die Dreieicher auf dem Teppich und verschonten ihre Fangemeinde mit Skandalen oder Skandälchen. Man darf den Dreien durchaus zutrauen, auch noch die 60 Jahre voll zu machen. Bei den Rock´n Rollern von der Insel sind da deutlich mehr Zweifel angebracht.